A: Manchmal wünscht man sich doch, einfach abheben zu können. Umschalthebel auf Flug, tüchtig auf das Gaspedal getreten und schwupps braust du über den Stau hinweg. Die anderen Autofahrer schauen dumm hoch. Man müsste ja nicht einmal weit fliegen - das Fliegen kostet bestimmt eine Menge Energie - und dann kann man wieder runtergehen und auf der freien Straße weiterfahren.
K: Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, ist die Idee für das Flugauto nicht aus dem Frust über den Stau auf der Autobahn heraus geboren worden. Sie ist älter als die Autobahnen - vielleicht so alt wie das Automobil selbst. Wenn ich mir die Schokoladenbildchen von 1900 anschaue oder auch die wunderschönen Karikaturen von Albert Robida: Da fliegen Luftdroschken und Aero-Omnibusse über Paris, holen die Bürger von ihrem Balkon im sechsten Stock zum Opernbesuch ab. Notre Dame ist zur zentralen Luftibus-Anlegestelle umgebaut worden, die Luftpolizei jagt hinter fliegenden Verbrechern her. Fürchterlich, man muss nun auch die Fenster in den oberen Etagen vergittern.
A: Aber der Verbrecher sitzt doch eher auf so einer Art Luft-Motorrad, nicht in einer richtigen Luftkutsche. Und vergiss mal Paris. Denk an Berlin. Das versucht 1890 noch mitzuhalten. In Oscar Justinus Roman "In der Zehnmillionen-Stadt" gibt es geflügelte Velicopede, auf denen die jungen Damen buchstäbliche Aus-Flüge in die Vorstädte unternehmen und am Ziel sanft herniederschweben.
K: Muss ein toller Anblick gewesen sein?
A: Vielleicht also kamen vor den Flugautos die Luft-Fahrräder. Die sind viel umweltfreundlicher, und beste HighTech im Geiste von Leonardo da Vinci und Otto Lilienthal. Und in dem von dir so geschätzten Film "Die Erfindung des Verderbens" radeln die Leute auch durch den stahlstichgrauen Himmel.
K: Das sind aber lenkbare Luftschiffe mit Beinmuskel-Antrieb, sehr frei nach Jules Verne, der übrigens in einem anderen Roman sogar schon "fusiforme", also geschossförmige, Drei-Medien-Fahrzeuge beschreibt: Sie bewegen sich unter Wasser, auf der Erde, in der Luft.
A: Das berühmte Fliewatüüt - im Kinderbuch, wo es auch hingehört.
K: Sagen wir Jugendbuch, dann klingt es nicht ganz so gemein. Und natürlich hatte Verne Dutzende Nachahmer in Frankreich, Deutschland und anderswo. Auch das Wort "Aeromobil" taucht damals schon auf.
A: Zu dieser Zeit hüpften aber schon die ersten Doppeldecker über den Ärmelkanal. Sind nicht eher Luftschiffe die Vorläufer? Kommen die Aeromobile nicht sogar noch vor den Aeroplanen? Erinnere dich mal an die Illustrationen zu dem Roman "Die Welt wie sie sein wird" von 1848. Da spannte man Luftballone vor die Kutschen wie Pferde.
K: Physikalisch funktioniert das so wenig wie fliegenden Autos in den modernen SF-Streifen. Und davon gibt es viele - von "Star Wars" bis hin zu Bruce Willis als Lufttaxist in "Das fünfte Element". Ein Wahnsinnsverkehr in den Wolkenkratzerschluchten, kreuz und quer, auf und ab, dass sich einem der Magen umdreht, Karambolagen jeglicher Art, hinter Häuserecken lauern Polizeiautos. Nur wie diese Autos fliegen, erfährt man nicht. Es genügt halt ein Gaspedal.
A: Das ist ja auch ein Comic in Form eines Filmes. Mit der Zukunft hat das nichts zu tun.
K: Aber mit den am weitesten verbreiteten Zukunftsbildern. Aus denen lässt sich das Flugauto nun einmal nicht ausradieren. Ab und zu führe ich doch Zukunftswerkstätten durch und lasse die Teilnehmer frei phantasieren. Was kommt raus? Haushaltroboter und Flugautos. Einfach langweilig.
A: Das ist ja auch ein Comic in Form eines Filmes. Mit der Zukunft hat das nichts zu tun.
K: Aber mit den am weitesten verbreiteten Zukunftsbildern. Aus denen lässt sich das Flugauto nun einmal nicht ausradieren. Ab und zu führe ich doch Zukunftswerkstätten durch und lasse die Teilnehmer frei phantasieren. Was kommt raus? Haushaltsroboter und Flugautos. Einfach langweilig.
A: Sag ich doch: Zukunft wie aus dem Kinderbuch. Die "Jetsons" von Anno dazumal oder "Futurama". Hübsch erzählte Märchen mit einem zeitgemäßen fliegenden Teppich.
K: Vergiss nicht, jetzt die drei Meter voran zu fahren. Sonst drängelt sich noch jemand dazwischen. - Alle glauben, in der Luft käme man besser voran. Dabei überträgt sich der Stau nur in die dritte Dimension. Dann steht man nicht mehr im Stau, sondern man schwebt im Stau.
A: Wie in diesem Film, wie hieß der gleich, wo sie auf den Flügeln herumtanzen und singen?
K: "Just imagine", von 1930, die amerikanische Antwort auf "Metropolis". Hab ich lange nicht gesehen. Ist aber völlig logisch gedacht: Polizisten regeln die Verkehrsströme an der Luftkreuzung. Es gibt ordentliche Ampelstaus auf Höhe der dreißigsten Etage. Wer kühn ist, turnt auf die Tragfläche und gibt seiner Liebsten ein Ständchen.
A: Nur die Windschutzscheiben-Putzer fehlen?
K: Die Amerikaner waren - dank Ford - das erste massenmotorisierte Volk. Uns im alten Europa fast 30 Jahre voraus. Da mussten sie auch hübsche Visionen entwickeln: Die Groß-stadt der Zukunft mit dem vielspurigen Verkehr in der New Yorker Weltausstellung von 1939/40 - von wo Matt Groening den Namen für seine Futurama-Serie entliehen hat.
A: Mir gefallen die Vorstadt-Visionen besser.
Öffentliche Veranstaltungen, Diskussionen und Symposien mit Beteiligung renommierter Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft greifen die aktuelle Debatte zur Gestaltung der Zukunft der individuellen Mobilität auf und treiben sie weiter voran.
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